Die Erbfolge
Die Sendlinger Mordweihnacht, eine Folge des Spanischen Erbfolgekrieges.
Der gebrechliche spanische König Karl II. (1661-1700) setzte den Bourbonen Philipp V. von Anjou (1683-1746) als Erben ein. Sieben Jahre galt der Bayerische Kurprinz Joseph Ferdinand (1692-1699), ein Sohn Kurfürst Max Emanuels, als bevorzugter Anwärter auf diesen Thron. Joseph Ferdinands Mutter, Maria Antonia, war die Tochter Kaiser Leopolds I. und dessen erster Frau Margarita Theresa von Spanien. Joseph Ferdinand starb jedoch im Kindesalter, ein Jahr vor König Karl.
Österreich, England und die Niederlande wehrten sich aber gegen die Nachfolge Philipps, da sie eine zunehmende Übermacht Frankreichs im europäischen Mächtesystem befürchteten. Außerdem gab es noch den zweitgeborenen Sohn des österreichischen Kaisers Leopold I., Erzherzog Karl, als Kandidaten. Mit dem Tod Karls II. und der Thronbesteigung Philipps V. brach indes der Krieg aus.
Der Eidbruch und Beginn des Krieges
Max Emanuel wollte zumindest die Königswürde für Bayern und band an diese Zusage seine Gefolgschaft. Er entschied sich allerdings gegen Österreich, obwohl er dem Kaiser des Hl. Römischen Reiches heerespflichtig war. Er verbündete sich mit Frankreich, Kur-Köln und Savoyen.
So führte nun das kaiserliche Österreich gegen Bayern Krieg, um die französische Lösung auf dem spanischen Thron zu verhindern. Daraufhin rückte Kurfürst Max Emanuel 1703 mit 12.000 Mann in Tirol ein, um mit Frankreich gegen Wien zu ziehen. Der Vorstoß scheiterte jedoch und die Bayerischen Truppen wurden zurückgedrängt. Auf Flößen brachte man die Verletzten nach Tölz, das die Pflicht zur Erstversorgung hatte.
Unterdessen positionierte man bereits in Lenggries und Benediktbeuern Schützen, um die nachdrängenden österreichischen Kräfte aufzuhalten. Die Wolfratshauser Landfahne wurde nach Tölz kommandiert.
Exil und Besetzung
Die entscheidende Schlacht wurde 1704 bei Höchstädt geschlagen. Der englische Duke of Marlborough siegte an der Seite des österreichischen Heerführers Prinz Eugen über die bayerisch-französische Allianz. Max Emanuel begab sich daraufhin 1704 ins Exil, folgte den abziehenden französischen Verbündeten und überlies Bayern der kaiserlichen Besatzung und Verwaltung.
Für die Bevölkerung bedeutete die österreichische Besatzung jedoch schlimme Belastungen wie Zwangsrekrutierungen und Steuererhöhungen.
Als die bayerischen Kurprinzen, die in München geblieben waren, von den kaiserlichen Soldaten nach Österreich gebracht wurden, kam es 1705 zum Aufstand.
Aufstand gegen den Kaiser
Der Funke, der sich in der Oberpfalz entzündete, sprang über die niederbayerischen Aufständischen auch auf das Oberland über. In Tölz trafen sich die Verschwörer im Franziskanerkloster und beim Weinwirt Höckh. Hier wurde am 18. Dezember 1705 die „Kurbayerische Landesdefension des Oberlandes“ gegründet. In geheimer Mission führte man Feldkanonen aus Benediktbeuern, Waffen aus Hohenburg und anderes Gerät zusammen.
Die restliche Ausrüstung bestritten die Aufständischen mit Sensen und ähnlichen bäuerlichen Arbeitsgeräten, die jedoch den österreichischen Waffen nicht ebenbürtig waren. In der Christnacht marschierten knapp 3000 Mann vor die Tore Münchens. Mangelhaft organisiert und ausgerüstet, eventuell auch verraten, endete der Vorstoß der aufständischen Oberländler aber in der Sendlinger Mordweihnacht.
Die Sendlinger Mordweihnacht
Die in allen Belangen unterlegenen Aufständischen wurden von den österreichischen Truppen fast vollzählig niedergemacht. Damit nicht genug: Eine kaiserliche Abordnung kam nach Tölz, um den Markt zu bestrafen, sie erpressten 2000 Gulden Brandschatzung. Einige Anführer, so auch der Münchner Weinwirt Johann Jäger, der aus dem Tölzer Weinhaus Höckh stammte, wurden hingerichtet und gevierteilt.
Der Tölzer Historiker Dr. Nepomuk Sepp (1816-1909) trug im 19. Jh. erheblich dazu bei, dass die blutige Sendlinger Mordweihnacht und nachfolgende Not zu einem bayerischen Nationalmythos wurde. Die Denkmäler in Waakirchen (Bayerischer Löwe) und Kochel (Schmied von Kochel) erinnern an dieses historische Ereignis und dessen Heroisierung seit dem 19. Jahrhundert.